
Jutta Ortlepp
Die Lebenswege der beiden Cousins Danny und Howie trennen sich bereits in jungen Jahren, als der eine – durch den Streich des anderen – in eine dramatisch-ausweglose Situation gerät, aus der er nur knapp und mit tiefgehenden psychischen Blessuren herausfinden kann. Als erwachsene Männer treffen sie sich auf einer Burg in Osteuropa wieder. Howie ist inzwischen ein millionenschwerer Börsenmakler, er hat sich die Burg als Ruhesitz gekauft und lädt Danny ein, ihn dort zu besuchen. Danny ist bisher im Leben nichts so recht gelungen und so geht er gerne darauf ein. Gemeinsam will man dort an alte Kinderzeiten anknüpfen, die alten Fantasyspiele wieder aufnehmen und einfach eine gute Zeit haben. Doch etwas Unheilvolles geht in dieser Burg vor, Danny fühlt sich von Anfang an dort unwohl, ja bedroht. Will Howie Rache nehmen und nun ihn quälen? Jennifer Egan ist bekannt für ihre wandelbare, stets innovative Erzählweise. Das gilt auch für den bereits 2006 erschienenen Roman "Im Bann". Zwar lehnt sie die Geschichte an klassischen Schauerromanen an, doch ältlich-angestaubt wirkt hier nichts. So gibt es häufige Perspektivwechsel und eine Geschichte in der Geschichte; durch die knappe Schreibweise wird die unheimliche, gefährliche Stimmung des Romans betont und das Geschehen flott vorangetrieben. Dabei gibt es Abschnitte, die sehr, sehr gut geschrieben sind, feingliederig und durchaus berührend, allerdings finden sich eben auch nicht so gut gelungene und nur recht grob gefertigte Passagen. Noch ungefestigt erscheint hier Jennifer Egans großes schriftstellerisches Können, das ausgereift dann 2011 mit dem Pulitzer Preis für "Der größere Teil der Welt" ausgezeichnet wurde. Im Frühjahr 2021 bringt der Fischer Verlag den Roman - in der bewährten Übersetzung von Gabriele Haefs - als Taschenbuchausgabe heraus. Interessant, kurzweilig und spannend ist die Lektüre auf jeden Fall!